
Enger. Die SPD Westerenger/Dreyen ist einfach zu schnell für ihren großen Parteivorsitzenden. Zehn Minuten sind die Sozialdemokraten ihrem straffen Zeitplan voraus. Und kein Franz Müntefering in Sicht. Das Festprogramm stockt. Aber Ortsvereinsvorsitzender Jochen Heisig füllt die unfreiwillige Pause elegant: Greift zu bei den Getränken, bis Franz kommt, bittet er die 250 Gäste. Unter ihnen zwei Frauen, für die dieser Tag ein ganz besonderer werden soll.
Pünktlich auf die Minute rauscht der SPD-Chef in einer weinroten Limousine, begleitet von Sicherheitsbeamten, vor der Heideschule vor. Den roten Schal lässig um den Hals geworfen wird Müntefering von den stellvertretenden Ortsvereinsvorsitzenden Horst Allendorf und Hans Ebmeyer empfangen. Ein kurzes Interview mit dem RTL-Fernsehteam zum Thema Opel, dann gehts schnurstracks in die festlich geschmückte Sporthalle.
Mit großem Beifall der 250 Gäste und Blitzlichtgewitter wird der agile 69-Jährige begrüßt. Das Bad in der Menge hier fühlt sich der Vollblutpolitiker sichtlich wohl. Händeschütteln, ab auf die Bühne. Das Rednerpult gehört für die nächste Stunde ihm. Münte ist einer, der die große Welt in knappen, einfachen Worten der Basis näher bringt. Aber zunächst gratuliert er dem SPD-Ortsverein zum runden Jubiläum: Einhundert Jahre das ist eine große Zahl. Westerenger und Dreyen stehen heute im Mittelpunkt der sozialdemokratischen Tradition. Er erinnert an die Gründung des Ortsvereins im Jahr 1909. Es besser machen zu wollen, im Großen wie im Kleinen, und das nicht allein, sondern zusammen mit anderen, das ist die große sozialdemokratische Idee.
Die Zusammenarbeit, die Bereitschaft sich zu engagieren, sei das, was auch heute in Gemeinden wie Dreyen und Westerenger noch lebendig sei. Vereine, ob Schützenverein, Sportvereine, Feuerwehr oder Gesangvereine, seien der Kitt der Gesellschaft. Die Politik kann viel, ohne Vereine können wir herzlich wenig, dankt der SPD-Chef allen, die sich in Vereinen engagieren. Und wir brauchen die, die sich kommunalpolitisch reinhängen, wenn es um den Kindergarten, die Schule oder anderen Themen geht.
Organisierte Solidarität und Demokratie sind für Müntefering zwei der großen Ideen in der Geschichte der SPD. Und die Sozialdemokraten werden heute noch gebraucht. Nichts, was erstritten ist, ist sicher nicht der Wohlstand, das Soziale und auch nicht die Demokratie. Finanzkrise, Opel, Begrenzung der Managergehälter, Bekämpfung der Steueroasen zum Schluss stimmt der SPD-Chef die Mitglieder auf das Superwahljahr ein. Schwarz-Gelb wird es nicht geben im Bund, predigt der Sauerländer. Und Frank-Walter Steinmeier wollen wir ganz oben haben. Helft bitte alle mit.
Auch Elsbeth Meyer applaudiert Müntefering. Wenig später steht sie mit drei anderen Jubilaren (Friedel Josting, Wolfgang Buschmann und Rüdiger Brameyer) neben ihm auf der Bühne. 50 Jahre ist sie in der Partei. Müntefering gratuliert, steckt ihr eine Brosche an und nimmt Elsbeth Meyer herzlich in seine Arme.
Anschließend gibt der Politikstar Autogramme, signiert Bücher. Auch Zibel Özen bekommt ein Autogramm mit Widmung. Und eine Unterschrift vom großen Parteivorsitzenden höchstpersönlich auf ihrer SPD-Beitrittserklärung, die sie ausfüllt. Ich bin politisch interessiert und hab heute spontan entschieden, Mitglied zu werden, sagt die 16-Jährige.