Schweicheln-Bermbeck. Die Runde im gut gefüllten Saal des Schweichelner Kruges war schon in der Diskussion um die Einführung eines Mindestlohns, als Andrea Nahles die Gäste richtig in Schwung brachte: Der Göhner, der ja ganz, ganz neutral ist, vertritt nur die Position des Bundes der Arbeitgeber. Damit hatte die Ex-Juso-Bundesvorsitzende die Lacher auf ihrer Seite.
Der heimische Bundestagsabgeordnete der CDU, Dr. Reinhard Göhner, ist auch Hauptgeschäftsführer des Bundes der Arbeitgeber (BDA) und als solcher in die Kritik geraten. Und der ist strikt gegen den Mindestlohn. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Nahles ist dafür. In der vom SPD-Bundestagabgeordneten Wolfgang Spanier organisierten Veranstaltung begründete sie, warum:
´ Die Tarifbindung in Deutschland sei in den vergangenen zehn Jahren gesunken. Im Westen arbeiten noch 70 Prozent unter einem Tarif, im Osten, 53 Prozent der Arbeitnehmer. Die Tarifautonomie könne Mindestlöhne nicht mehr garantieren.
´ Die Europäische Union hat Deutschland schon vor Jahren vorgeschlagen, das Entsendegesetz für alle Branchen verbindlich zu machen. Bisher gilt es nur für Bauarbeiter und Gebäudereiniger.
´ In den vergangenen Jahren seien für Arbeitslose zunächst der Berufsschutz, dann der Qualifikationsschutz und zuletzt der Zumutbarkeitschutz gefallen. Das ist eine Entwertung von Arbeit gewesen, meinte Nahles.
´ Durch all diese Maßnahmen habe es im Niedriglohnbereich nicht mehr Arbeitsplätze gegeben. Die Arbeit, die da ist, wird jetzt schlechter bezahlt. Durch den Mindestlohn hätten die Sozialversicherungen und der Staat wieder höhere Einnahmen.
´ 18 von 25 EU-Ländern haben einen Mindestlohn, andere haben unterschiedliche Regelungen, die einen Mindestlohn garantieren. Italien habe die Tarifbindung in der Verfassung stehen. Wir sind hier blank.
´ Durch einen Mindestlohn würden weder Arbeitsplätze vernichtet noch neue geschaffen. Das hätten die Erfahrungen aus Großbritannien und einige wissenschaftliche Studien gezeigt. In Großbritannien gebe es eine Hotline, bei der Unternehmen, die den Mindestlohn nicht zahlen, angezeigt werden können. Da rufen dann meistens andere Unternehmer an.
´ Eine Kommission aus Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Wissenschaftlern solle die Höhe des Mindestlohns erarbeiten. In Großbritannien hat das den Widerstand der Arbeitgeber erledigt.
In Deutschland seien inzwischen auch Arbeitgeber für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Deren größter Gegner sind nicht die Gewerkschaften, sondern Göhner und der Bund deutscher Arbeitgeber, sagte Nahles.