
Enger. Mit 18 zu 17 Stimmen hat am Montag Abend die Ratsmehrheit aus CDU und FDP ihren Antrag auf Verkauf des Wasserwerkes, Privatisierung des Bauhofes , Erhöhung des allgemeinen Wasserpreises und der Eintrittsgelder im Gartenhallenbad sowie auf den Aufbau eines Gebäude-Managements mit privater Beteiligung durchgesetzt. Weit über drei Stunden lang mussten gut 100 Zuhörer im Ratssaal ausharren, um schließlich beim vorletzten Punkt der öffentlichen Tagesordnung die auf Antrag der SPD geheime Abstimmung mit zu erleben.
Bürgermeister Klaus Rieke hatte die bedeutsame Entscheidung unmittelbar hinter die Haushaltsdebatte vorziehen wollen. Unter hämischem Gelächter von den vollen Bänken hatte CDU-Chef Wolfgang Aßbrock diesen bürgerfreundlichen Vorschlag jedoch kurzerhand abgelehnt.
In einer ausführlichen Debatte mit vorbereiteten Statements wurden im Wesentlichen noch einmal die bekannten Argumente ausgetauscht. Aßbrock fuhr
dabei allerdings schweres Geschütz auf.
Nicht nur die Arbeitsleistung von Bürgermeister Klaus Rieke und von Kämmerer Heinz-Lothar Kalus, sondern auch die des Chefs der Wirtschaftsbetriebe der Stadt Enger (WBSE), Thomas Holz, sei "ganz einfach schlecht". Im Gegensatz dazu wolle
die CDU diese weit reichenden Entscheidungen des Verkaufes von städtischem Vermögen ausschließlich treffen, um das Hallenbad zu sanieren. Aßbrock: "Es ist aber ganz wichtig festzuhalten, dass die Gelder nur für die Bad-Sanierung
verwendet werden, wenn das haushaltsrechtlich auch möglich ist."
Von einem "Verramschen" und von "Geldvernichtung", wie Bürgermeister Rieke die Mehrheitspläne charakterisiert habe, könne keine Rede sein, so Aßbrock. Im Jahr 2000 sei der Unternehmenswert des Wasserwerks schon einmal gutachterlich mit rund 2,5 Mio. Mark kalkuliert worden. CDU und FDP jedoch forderten jetzt als Kaufpreis mindestens zwei Mio. Euro.
Aßbrock bestätigte die Zustimmung der CDU zu dem Kontraktpapier über den Übergangsschutz für die Wirtschaftsbetriebe (die NW berichtete). Unter lauten Buh-Rufen aus dem Publikum erklärte er aber, dass dieser Kontrakt "gescheitert" sei: "Rieke und Holz tragen allein die Verantwortung dafür." Die Kosten des Bauhofes seien auf Dauer nicht zu tragen: "Das muss billiger werden". Der Bauhof solle sich auch nicht wie mit Zustimmung von CDU und FDP erst 2001 vereinbart um Aufträge in Enger bewerben. Hier müssten ausschließlich die privaten Firmen
zum Zuge kommen.
Vergebens versuchten SPD und Grüne darauf hinzuweisen, dass dann bei einem Aufschlag von 16 Prozent Mehrwertsteuer und einem notwendigerweise kalkulierten Unternehmensprofit die Kosten nur steigen könnten.
Beim nun ebenfalls beschlossenen Gebäude-Management seien konkrete Einsparungen
nicht zu beziffern, räumte Aßbrock ein. Dennoch sollen diese Leistungen ebenso wie die des Bauhofes Europa weit ausgeschrieben werden. Für mindestens 50.000 Euro will die Mehrheit hierbei die Unterstützung einer auswärtigen
Rechtsanwältin einkaufen.
Bemerkenswert war auch die Positionierung der FDP. Ihr Sprecher Berthold Dessin wiederholte, dass der Verwaltungsentwurf des Haushaltes 2004 nicht
"genehmigungsfähig" sei. Folglich sei auch erst nach Vorlage eines neuen Entwurfes zu entscheiden, ob das Bad noch zu retten sei. FDP und CDU hätten die Millionen aus dem Verkauf der EMR-Anteile und der Engeraner Gasversorgung in neuem Vermögen angelegt. Heute bringe die Ratsmehrheit nur ihren Antrag auf den Weg. Ob daraus tatsächlich konkrete Verträge entstehen können, bleibe abzuwarten.
SPD-Fraktionschef Gerd Bockermann wies die "persönlichen Angriffe auf Rieke und
Holz zurück und kritisierte den "schlechten Stil des Umgangs mit den Mitarbeitern von Verwaltung und Wirtschaftsbetrieben". Bockermann: "Wir erkennen den persönlichen Einsatz all dieser Menschen an." Er verwies darauf, dass
Privatisierungen nur sehr selten erfolgreich verliefen und dass die SPD auf der unalen Selbstverwaltung bestehe und in all diesen Bereichen die Zügel in der Hand behalten möchte. Und er blickte über die Stadtgrenzen hinaus: "Die CDU Enger verkauft alles, die CDU in Spenge hält alles schön zusammen, und die CDU in Herford kauft immer weiter fleißig dazu. Glauben Sie eigentlich, dass ausgerechnet Sie allein den Stein der Weisen gefunden haben?"
Auch Regina Schlüter-Ruff stellte fest, dass die Grünen in Enger die Konzessionsabgabe beim Wasserwerk lieber für die eigene Stadtkasse
erwirtschaften und auch die Preise für Wasser oder Hallenbad selber bestimmen wollten. Der Trend zur Privatisierung sei "längst rückläufig", die Kommunen machten sich so "nur abhängig vom Markt". Die Grünen hätten darüber hinaus viel
Verständnis für den "Kampf der Mitarbeiter des Rathauses".
Gemeinsam mit Bockermann wies sie darauf hin, dass "einfach Verkaufen etwas völlig anderes ist, als zusammen zu arbeiten". Schließlich hätten sich die Hiddenhauser bei ihrem Geschäft mit Herford eine langfristige Rendite durch eine
Beteiligung an den dortigen Stadtwerken gesichert, so Bockermann.
Zum Schluss der Debatte überraschte CDU-Ratsherr Detlef Scheffer mit einer persönlichen Erklärung. Als langjähriger Vorsitzender des zuständigen
Werksausschusses habe er dem Werkleiter Thomas Holz "immer in die Augen sehen können". Er wollte ganz offen sagen, dass dieses auch so bleiben solle und dass er weiter mit Holz zusammenarbeiten wolle.