Furioser Auftakt

Enger. Es war ein furioser Auftakt. Gut 70 Zuhörer wollten sich den Start dieser neuen Reihe von parlamentarischen Debatten zum Gartenhallenbad am Dienstag im Werksausschuss – angestoßen von CDU und FDP – nicht entgehen lassen. Und sie wurden nicht enttäuscht.
Anders als in Enger üblich erlebten sie muntere und angriffslustige Sprecher von SPD und Grünen beim argumentativen Schlagabtausch. CDU und FDP sahen sich dagegen eher in einer Verteidigungsposition und bemühten sich, ihren Beschlussvorschlag gerade auch vor dem großen
Publikum schlüssig zu begründen.

Friedhelm Kirchhoff (CDU) fiel die Rolle zu, die Argumentation der Koalition vorzutragen. Ausgehend von einer noch lange andauernden,
außerordentlichen Finanzschwäche des Haushaltes gebe es zu Finanzierung der Bad- Sanierung "städtisches Eigentum, das
entbehrlich erscheint", sagte der Bürgermeister-Kandidat der CDU unter dem Gelächter der Zuhörer.

Die vorgeschlagenen Verkäufe brächten eine Entlastung des Verwaltungshaushaltes von rund 350.000 Euro pro Jahr. Mehr sei ohne Entlassungen nicht drin, die seien aber nicht gewollt. SPD und Grüne hätten sich auch bereits für Kooperationen zwischen den Städten des
Kreises ausgesprochen, die interkommunale Zusammenarbeit anderer Gemeinden könne "doch nicht ganz falsch sein".

In diesem Zusammenhang verlas Kirchhoff nicht nur den mehrere Seiten langen Beschlussvorschlag, sondern zitierte auch wörtlich einen
Kommentar aus der NW vom 9. März zu diesem Thema. Er unterschlug dabei allerdings diesen einen Satz: "Doch eher übergibt eine Stadt eine Aufgabe an eine Privatfirma oder verkauft sich an einen
Konzern, als dass sie die Zusammenarbeit mit der Nachbarstadt sucht."

Olaf Birkenstock (FDP) schloss sich zur erneuten Erheiterung des Publikums umgehend "den Ausführungen von Herrn Aßbrock an", der
allerdings überhaupt nicht anwesend war. Der Liberale meinte natürlich Kirchhoff und zeigte sich trotzdem "offen für jeden neuen Vorschlag von anderer Seite".

SPD-Sprecher Gerd Bockermann brandmarkte dann den Mehrheitsantrag als "scheinheilig" und als "moralische Ungeheuerlichkeit". Die SPD
lehne den "fortschreitenden Ausverkauf des Vermögens der Stadt Enger" ab. Der Einfluss auf die Wasserversorgung müsse erhalten bleiben.

Gespräche über Kooperationen sollten nur "auf Augenhöhe" geführt werden. Die WBSE dürften nicht zerschlagen, die Serviceleistungen des Bauhofes nicht von anderen bestimmt werden. Die SPD fordere eine sofortige Sanierung des Gartenhallenbades einschließlich des Außenbeckens. Enger dürfe "kein Stadtteil von Herford"werden."Zwischen Kooperation und Verkauf" sei halt ein großer Unterschied,
erklärte Bockermann unter Applaus.

Harald Wurm von den Grünen fragte, warum die Ratsmehrheit ausgerechnet die Düsseldorfer Beraterfirma mit einem Wertgutachten für das Wasserwerk beauftrage, die der "Haus- und Hofberater" der Stadtwerke Herford, also des Käufers sei. Engeraner Ratsmitglieder seien doch dem Wohl der Stadt Enger verpflichtet. Ein katastrophaler Fehler sei auch die Nennung eines Mindestpreises von 2 Mio. Euro: "Wir sind doch hier nicht bei E-bay, wo die Käufer für das
Wasserwerk Schlange stehen, obwohl die Mehrheit diesen Eindruck schon bei der GVE und beim Hallenbad erwecken wollte." Außerdem sei es unverantwortlich, beschäftigungswirksame Beschlüsse zuerst über die Presse zu kommunizieren. Es sei absolut unfair, dem Bauhof wie bei der Friedhofsanierung oder den Außenanlagen des WGE Aufträge zu verweigern und dann den Übergangskontrakt zu brechen und mittendrin "die Pferde zu wechseln".

Ach ja, der Vollständigkeit halber: Im Werksausschuss am Dienstag wurde der Beschlussvorschlag von CDU und FDP mit 7 zu 6 Stimmen abgelehnt.